27. November 2016

Was ich in der letzten Woche gelernt habe.

Hallo meine Lieben,

ich bin wieder zurück, zuhause. Ich war von Montag bis Freitag in Russland.
Und da habe ich eine ganze Menge gelernt. Über die Arbeit, über mich und über die Welt.

Ich stecke doch voller Vorurteile.

Hm. Also, ich weiß nicht, ich hatte erst Angst, vor diesem Land, das so anders erscheint als unseres.
Also, man kriegt ja eher die politischen Spannungen mit als etwas von den Leuten, die dort wohnen. Also, so von uns aus. Und als ich dann da war hatte ich Angst, dass ich mich die ganze Zeit verstellen muss, so wegen der Homosexualität und überhaupt, weil ich einfach sehr kindlich manchmal wirke so nach außen hin. Aber meine Homosexualität merkt man mir nicht an, und ich habe trotzdem mal mit meinen Kollegen über die ein oder andere Frau gesprochen, und das fühlte sich gar nicht komisch an. Ich habe gedacht, die Menschen da sind nicht so offen, eher konservativ, verstockt irgendwie. Aber das ist gar nicht so, wenn man sie etwas kennenlernt, sind sie sogar echt freundlich. (obwohl man noch immer nicht versteht, was sie von einem wollen :D) Und jetzt, wo ich wieder in Deutschland bin, haben sie einen guten Eindruck auf mich hinterlassen.


Man kann sich irgendwie verständigen, auch wenn man weder Englisch (die) noch russisch (ich) spricht.

Das war echt witzig, das könnt ihr euch kaum vorstellen, wie es ist, mit Menschen in einem Team zu arbeiten, die weder Deutsch noch Englisch sprechen.
Erst hat mich das super überfordert, aber am Ende war es sogar ganz lustig, und man hat einen Weg gefunden. Und wenn es mit Händen nicht mehr ging, dann haben wir die Dolmetscherin gerufen :D

Das beste ist, wenn man Ruhe bewahrt

Ich konnte viel effektiver arbeiten, nachdem wir in einem System waren, als wir angefangen haben, einfach einen Schritt nach dem anderen zu tun. Erst den einen Zug einleuchten, dann das nächste machen, immer eine to do- Liste führen, aber nicht alles zugleich erledigen zu wollen. Man konnte die eine Sache dann gründlich machen, hatte immer mal wieder 2 Minuten, in denen man dann überlegen musste, was als nächstes kommt, was aber auch so eine Art Erdung war. Und glaubt mir, die braucht man, wenn man noch am Tag der Anreise 5 Stunden arbeitet, dann 3 Stunden schläft und dann weiter arbeitet.

Bisher hat noch immer alles irgendwie geklappt

Es gibt sie, diese Momente, in denen alles auf der Kippe steht, die Zeit scheint nicht auszureichen.
Aber es ist gut, sich dann zu sagen: 'Seit ich hier arbeite, haben wir noch jede Vorstellung auf die Beine gestellt, wie absurd auch immer die Bedingungen waren'.
Ich glaube, die Umstände waren wirklich die schlimmsten, die wir bisher hatten, aber hey, es hat schon wieder geklappt. Und aufgeben war einfach keine Option, weil wir selber eben den Ehrgeiz haben, dass die Vorstellung laufen soll. Ansonsten hätten wir auch wohl großen Ärger bekommen ;-)

Uns geht es hier verdammt gut!

Etwas ganz anderes.
Wenn ich aus meinem Hotelfenster geschaut habe, da sah ich auf ein Holzhaus, draußen trocknete Wäsche. Ich fand das befremdlich, immerhin war es -10° Celsius kalt.
Wir hatten alle Geld bekommen vom Theater, um uns verpflegen zu können, die Hälfte habe ich wieder mitgebracht, wir hatten also mehr als genug, weil wir auch im Hotel essen konnten, wo das nichts kostete.
Ich hab das Essen da nicht so gut vertragen, deshalb war ich oft in einem Supermarkt in der Nähe, um mir Obst zu kaufen. Und wenn du da umgerechnet 15 € für deine Dinge bezahlt hast, da wurdest du schon angeguckt, ohnehin, sollte man sein Geld dort nicht zeigen, weil sie einfach sehr wenig verdienen. Ich habe mit einer Frau geredet, die einen Doktortitel hat und an der Universität unterrichtet, und sie würde umgerechnet 350 Euro verdienen.
Über die Mietpreise bin ich nicht informiert, aber die Lebensmittel kosten etwas weniger als bei uns, so ca. zwei drittel des Deutschen Preises.
Allerdings gibt es da keinen Käse, oder nur argentinischen, und den kann sich so gut wie niemand leisten, wegen der politischen Spannungen darf Russland keinen Käse mehr aus Holland importieren.
Also insgesamt gab es da viele Situationen, wo man sich echt komisch gefühlt hat.
Und so nebenbei ist mir etwas spannendes klar geworden.

Das Schlimmste war so ziemlich die Sprachbarriere.
Du kommst in ein Land, du kennst die Menschen und die Sprache nicht. Immerhin hattest du Geld.
Aber das ist es, wie sich ein Flüchtling fühlen muss. Und das war nicht besonders schön. Noch dazu müssen Flüchtlinge gucken, wo sie unterkommen, haben vielleicht nicht ihre vertrauten Personen bei sich und wissen wahrscheinlich gar nicht, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen.
Also, ich wüsste nicht, wie ich mir in Russland eine Wohnung suchen soll oder so. Ist vielleicht ein komischer Zusammenhang den ich da hergestellt habe, aber naja, das kam mir so in den Sinn.

Es ist gut, wenn man sich auf sein Team verlassen kann, und kein Einzelkämpfer sein muss

Sehr wichtig. In meinem Job lerne ich es, in einem Team zu arbeiten, Kompetenzen herauszufinden, sich aufzuteilen, du machst dies, ich mach jenes, um am Ende ein Ergebnis zu haben.
Größtes Problem für mich dabei war immer, dass ich einige Dinge, die andere können, nicht kann.
Aber das war jetzt echt okay für mich. Ich habe meinen Tonkram gemacht, eingeleuchtet, und F. hat das System aufgebaut und programmiert. Das hätte ich nicht so gut hinbekommen und so haben wir uns gut Ergänzt. Und wir hatten beide Situationen, wo wir echt froh sein konnten, dass der andere auch da war und man konnte sich auf einander verlassen.

Das Leben ist schöner, wenn man im Moment lebt.

Also, ich war jetzt 5 Tage unterwegs.
Montag war der Tag der Anreise, da waren wir 14 Stunden unterwegs, danach haben wir noch gearbeitet, Dienstag war auch voller Arbeit, Mittwoch haben wir uns alle erholt und geschlafen und Donnerstag war ein wahnsinnig spannender Tag, wo wir eine Stadtführung hatten und mit einer Einwohnerin dort viel gesprochen haben.
Und wenn man immer mit den Gedanken bei den nächsten Stresszeiten ist, dann hätte ich den Donnerstag gar nicht genießen können.
Ich versuche im Moment, meinen Kalender so zu nutzen, dass da alles wichtige Drinsteht und ich auch mal abschalten kann und den Moment zu genießen lerne.
Das ist zwar wahnsinnig schwer, aber es tut auch so gut und ist so schön.


Was mir insgesamt noch so aufgefallen ist.
Wenn man so auf Reisen ist, da denkt man über ganz andere Dinge nach als zu Hause. Mir ging es fast durchgehend gut, nur ein paar mal habe ich darüber nachgedacht, dass ich diese Menschen, die mir so ans Herz gewachsen sind, vielleicht bald verlassen muss, um meinen Weg weiter zu finden, oder dass sie mich verlassen könnten. Ich habe so Angst davor, das meine wichtigsten Bezugspersonen dort gehen könnten, und einer der Schauspieler tut es jetzt im nächsten Sommer.
Aber ja. So ist das Leben. Es gibt immer wieder Veränderungen. Man muss wohl nur mitgehen. Keine Ahnung.

So. Das war jetzt auch einfach mal der längste Post seit Ewigkeiten :D
Falls ihr bis hierher gelesen habt, Danke und so. Wenn ihr noch Fragen habt, dann einfach in die Kommis, wie immer :)




Liebe Grüße,
eure Neva

1 Kommentar:

  1. Wow, vielen Dank für diesen interessanten Post und Bericht! Ich will unbedingt mal nach Russland, deshalb hat es mich gleich doppelt interessiert. :-)
    Was genau machst du beim Theater nochmal, die Technik oder? Und bist du Azubi oder ist das schon dein voller Beruf?
    Es freut mich sehr für dich, dass soweit alles gut klappen durfte und du was über dich lernen konntest. ♥ Gia

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