28. Mai 2016

Theater- Liebe ♥

Ich habe jetzt eine Woche Urlaub. Also seit Montag. Mindestens bis Dienstag, da hab ich meine schriftliche Prüfung. Bereits Mittwoch fühlte es sich komisch an, Urlaub zu haben, auch wenn es zum lernen ist. Und gestern habe ich sogar mit dem Gedanken gespielt, mir die Vorstellung anzusehen.
Jaja. Ich vermisse so einiges an meiner Arbeit, jetzt wo sie grade nicht Lebensmittelpunkt ist.
Aber was ist das genau? Ich vermisse die Gemeinschaft, dass fast immer andere Menschen da sind, die mit mir gut umgehen. Ich vermisse, das Abends zusammensitzen. Ich vermisse es, ernst genommen zu werden (von anderen mehr als von mir selbst), und ich vermisse das Gefühl, zufrieden mit mir sein zu können. Das fällt mir im Privatleben irgendwie noch immer total schwer.

Vielleicht denkt ihr jetzt, wow. Cool, die mag ihren Job ja richtig gerne, und hat alles richtig gemacht. Zumindest ich finde diesen Gedanken naheliegend. Aber mein Job ist es hauptsächlich, Technikerin zu sein. Ich bin abends, kurz vor der Vorstellung der Ansprechpartner für Schauspieler, wenn irgendetwas nicht richtig ist. Ich bin die, die Verantwortung hat, über 200 Menschen, wenn es brennt z.B.
Man muss einiges tragen, wenn man Veranstaltungstechnikerin ist (zumindest ist das bei uns so).
Ich muss bereit sein, meinen Arbeitsplan nie genau zu kennen. Ich muss erreichbar sein, wenn ein Praktikant plötzlich eine Frage hat, ich muss Gastspiele planen und ich muss bereit sein, zu einigen Zeiten (Premierenwoche, Gastspiele) mein Privatleben hinten an zu stellen, weil ich dann 4 Tage am Stück 13h arbeite.
Man ist im Kopf ständig auf der Arbeit, plant vor, hat Zweifel, und immer diese Verantwortung, manchmal Stress.

Andererseits kommt man raus, geht auf Gastspiele (im Juni bin ich zum Beispiel 4 Tage in Hamburg), das Theater war schon mal in Israel, und ich war schon einige Male am Bodensee.
Man hat seine kleine Familie, große, kleine Familie, wenn einem die eigene mal auf die Nerven geht oder man sich nicht so verbunden fühlt, dann hat man seine Theater-Familie.
Mit Kollegen bis tief in die Nacht Gespräche über Gott und die Welt zu führen ist nicht selten, mit Technikern laut Musik hören und die Bühne aufbauen, oder auch einfach nur zuhören, das alles sind Dinge, die ich liebe. Von denen ich auch viele nicht hätte, wenn ich nicht diesen Job machen würde.

Ich habe überlegt, vielleicht einen anderen Job am Theater zu machen, Requisiteur, oder Inspizient, aber das wäre nicht das gleiche. Ich bin glücklich in der Abteilung, ich mag meine Leute, auch wenn ich immer so große Ängste habe, nicht gut genug zu sein. Den Aufgaben und der Verantwortung nicht gewachsen zu sein.

S. hat immer gesagt: „Neva, ich glaube, du wirst irgendwann auch so eine Veranstaltungstechnikerin, wie wir sie jetzt komisch finden!“ (Also, es gibt solche, die nehmen das alles nicht so ernst, finden ihren Job halt irgendwie gut, aber eben als Job. Und solche, die diesen Job LIEBEN und sich ständig weiterbilden und um jeden Preis in dem Job bleiben wollen).
Und vielleicht hat er recht.
Vielleicht muss man diesen Job lieben, um ihn machen zu können.

S. kommt in einem Monat schon wieder zurück aus Australien. Er wird einen anderen Job machen, ihm ist das zu viel Stress und Verantwortung.
Aber ich.
Ich werde diesen Job nicht an den Nagel hängen können glaube ich, zumindest nicht, solange mir mein Theater einen Vertrag anbieten kann.
Erstmal habe ich 2 Jahre. Zwei Spielzeiten. Für meine Theater-Familie, die mir ans Herz gewachsen ist. Für mich.

Machts gut,

eure Neva

10. Mai 2016

Warum sollte ich mich von dem beeinflussen lassen, was mal war? Wenn ich heute in meiner Berufsschule bin, oder jüngere Gruppen beobachte, bin ich immer so unglaublich erleichtert, dass ich aus dem Alter raus bin. Und wenn dann dieses Gelächter erklingt, dann bin ich ganz schnell wieder in meiner Vergangenheit. Aber das ist halt Schwachsinn, die Gruppen haben meistens gar nichts mit mir zu tun, und ich muss noch genau zwei Tage zur Schule. ZWEI TAGE. In meinem ganzen Leben. Danach kann das gar nicht mehr passieren. Tendenziell, habe ich mich geändert, mein Leben hat sich geändert, es ist so viel positives passiert, Warum nicht einfach in die Zukunft reinleben, im JETZT leben, warum immer wieder. immer.wieder. zurück. In eine Zeit, wo mir nichts etwas wert war? Ist das eine bewusste Entscheidung?
Ich habe große Lust dazu, positiv in die Zukunft zu gehen, unbeschwerter als jetzt. Menschen an mich ranlassen, mein Leben in die Hand zu nehmen, das zu tun, was ich gerne tue.
Aber das macht Angst. Das ist unbekannt. Die Vergangenheit, die kenne ich. Die kaue ich durch, immer und immer wieder. Weil das Dinge sind, Tatsachen, denen ich mir absolut sicher sein kann. Ich war da.
Ich habe die Luft angehalten, ich wollte verschwinden. Ich wollte sterben.
Aber nein, ich habe nur alles perfektioniert. Ich habe gelernt, unter Wasser zu atmen (ja, der Satz ist geklaut), Und jetzt. Jetzt will ich lernen, zu schwimmen.

Ich habe mir ein neues Ziel gesetzt. Im Sommer 2017 werde ich mir endlich mein Tattoo stechen lassen. Bis dahin muss ich endlich gänzlich mit dem SVV aufhören, aber da bin ich auf einem guten Weg. Wenn ich dran bleibe, mich mit meiner Vergangenheit zu versöhnen.
Es wird ein Wort. "Arise". Erhebe dich.